BM-2011-1-Haaf
Auswirkungen der DRG auf die medizinische Rehabilitation
Hans-Günter Haaf
Hintergrund
Die REDIA-Studie hat die Frage untersucht, wie sich die Umstellung der Finanzierung von Krankenhausleistungen auf Diagnosis Related Groups (DRG/Fallpauschalen) auf die medizinische Rehabilitation, insbesondere die Anschlussrehabilitation (AHB), auswirkt.
Das Projekt wurde vom Institut für Krankenhausmanagement der Universität Münster unter Leitung von Prof. von Eiff durchgeführt. Die Studie wurde durch die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Westfalen gefördert.
Entsprechend der stufenweisen Einführung der DRG im Krankenhausbereich seit 2003 wurden im Rahmen der REDIA-Studie Daten zu drei Zeitpunkten (2003/04; 2005/06; 2009/10) erhoben, um mögliche Veränderungen vergleichend analysieren zu können. Die nun vorliegenden Ergebnisse beziehen sich auf die aktuellen Erhebungen zum Ende der Konvergenzphase der DRG-Einführung. In die Studie wurden insgesamt rund 2300 orthopädische und kardiologische AHB-Patienten einbezogen.
Ergebnisse
Erwartungsgemäß war bei den untersuchten Patientengruppen eine Verkürzung der Verweildauer im Krankenhaus feststellbar. Nach den Ergebnissen der REDIA-Studie wurde diese Reduktion der Verweildauer im Krankenhaus zum Teil durch eine Verlängerung der Übergangszeit von der Entlassung aus dem Krankenhaus bis zum Reha-Beginn kompensiert. Diese Ergebnisse decken sich tendenziell mit den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung (vgl. Abb. 1). Die Versicherten wurden nicht deutlich früher im Behandlungsprozess in die Rehabilitation aufgenommen. Die Verlängerung der Übergangszeit weist auf Veränderungen in der Behandlungskette hin, die durch verschiedene Einflussfaktoren verursacht werden. Es wird deutlich, dass die Zeit zwischen operativem Eingriff im Krankenhaus und Erreichen der Reha-Fähigkeit nicht beliebig verkürzt werden kann.
Verschiedene Ergebnisse der REDIA-Studie belegen einen Anstieg des medizinischen Behandlungsbedarfs der Rehabilitanden durch die DRG-Einführung. Die Patienten werden tendenziell in einem schlechteren Gesundheitszustand in die Rehabilitation aufgenommen. Einige Resultate der Studie lassen vermuten, dass Rehabilitanden der Krankenkassen vergleichsweise stärker von den DRG-Auswirkungen betroffen sind (u. a. höhere Direkteinweisungsquote, stärker eingeschränkte Mobilität, häufiger noch vorhandene Klammern und Fäden).
Die Reha-Fähigkeit bei Aufnahme ist insbesondere bei Rehabilitanden der Rentenversicherung nicht fraglich. Beispielsweise ist der Anteil von Patienten, die liegend in die Reha-Einrichtung gebracht werden, nach wie vor gering. Zudem ist die Intensität der Reha-Therapie sogar angestiegen. Dies belegt die Reha-Fähigkeit der Rehabilitanden.
Positiv ist hervorzuheben, dass die Behandlungsergebnisse trotz des schlechteren Patientenzustands gleich geblieben sind bzw. sich sogar verbessert haben. Beispielsweise besserten sich die Ängste und die Depressivität der Rehabilitanden stärker und nachhaltiger als bei den ersten Erhebungszeitpunkten.
Verschiedene Ergebnisse der REDIA-Studie weisen auf einen notwendigen höheren Versorgungsaufwand bei Rehabilitanden in der AHB hin. Dieser mögliche Mehraufwand lässt sich aus den vorliegenden Daten allerdings nicht genau beziffern. Zudem erhöhten die Reha-Einrichtungen den Anteil der Gruppentherapien und kompensieren somit eventuelle Mehraufwendungen zumindest zum Teil.
Diskussion
Die von der Deutschen Rentenversicherung geförderte REDIA-Studie ist die bisher einzige Studie in Deutschland, die die Auswirkungen der DRG-Einführung auf die Rehabilitation über mehrere Erhebungszeitpunkte vergleichend untersucht hat. Die Studienergebnisse stellen die zum Teil kontrovers geführte Diskussion auf eine empirische Grundlage.
Da die Konvergenzphase der DRG-Einführung erst 2009 abgeschlossen wurde, sind Veränderungen an der Schnittstelle zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation weiterhin möglich. Nach dem heutigen Stand beeinträchtigen die Veränderungen durch die Einführung der DRG im Krankenhaus die Reha-Fähigkeit der Versicherten der Rentenversicherung bei Aufnahme in die Anschlussrehabilitation nicht. Der Reha-Erfolg ist weiterhin gegeben. Die Deutsche Rentenversicherung wird die Versorgungssituation in der Anschlussrehabilitation, u. a. über die Daten der Reha-Qualitätssicherung, zukünftig weiter analysieren.
Korrespondenzadresse:
Dr. Hans-Günter Haaf
Leiter des Referats 0423: Weiterentwicklung der
Rehabilitation – Gesundheitsökonomie und Systemfragen
Deutsche Rentenversicherung Bund
Bereich 0420 Rehabilitationswissenschaften
Referat 0423 / R4001
D-10704 Berlin
dr.hans-guenter.haaf@drv-bund.de
Abb. 1: Behandlungs- und Verlegungszeiten in Tagen für die stationäre kardiologische AHB der Deutschen Rentenversicherung Bund. Quelle: RAD 2003-2009.