BM-2011-1-Richter
Medizinischer Direktor im Krankenhaus – wann soll er hauptamtlich sein?
Dirk Richter und Elke Bachthaler
In den vergangenen Jahren zeigt sich ein Trend, vermehrt hauptamtliche ärztliche Manager in die Unternehmensleitung von Krankenhäusern und Krankenhausverbünden zu holen und damit den „ehrenamtlichen Ärztlichen Direktor alter Prägung“ zu ersetzen. Vorreiter dieser Bewegung ist die Universitätsmedizin, die zwischenzeitlich fast ausnahmslos hauptamtlich tätige Ärztliche Vorstände etabliert hat, die zumeist auch den Vorstandsvorsitz innehaben. Auch in den Spitzen der großen privaten, freigemeinnützigen und kommunalen Klinikunternehmen sind zwischenzeitlich beinahe überall Ärzte vertreten.
Ein parallel laufender Trend ist die Etablierung von übergeordneten Gesamtverantwortlichen für die medizinische Leistungserbringung. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Wiederherstellung der Gesundheit von Patienten ein „Produktionsprozess von Gesundheit“ ist, gibt es damit auch in Krankenhäusern wie in anderen Unternehmen längst üblich einen Gesamtprozessverantwortlichen.
Patientennahe Prozesse führen zum Erfolg
Ursächlich für die Veränderungen in der Organisationsstruktur von Krankenhäusern ist ein deutlich verändertes Marktumfeld. Zunehmender Wettbewerb, Kostendruck, und ein deutlich verändertes Patientenklientel bedingen, dass nur diejenigen Krankenhäuser dauerhaft erfolgreich sind, die über effiziente und effektive patientennahen Prozesse verfügen, diese stetig verbessern und die Patienten bei steigender Multimorbidität zunehmend interdisziplinär über Einzelklinik- bzw. Abteilungsstrukturen hinweg behandeln.
Die Vorteile eines Medizinischen Direktors
Alle drei Erfolgsfaktoren können durch eine stärkere ärztliche Kompetenz in der Unternehmensleitung, durch einen Medizinischen Direktor, sichergestellt werden. Dieser hat den Vorteil von Unabhängigkeit und mehr zeitlicher Ressourcen, da er im Gegensatz zu einem parallel in der Patientenversorgung engagierten Ärztlichen Direktor nicht um OP- oder Bettenkapazität konkurriert und seine Arbeitskraft vollständig Managementaufgaben widmen kann. Zudem ist er meist weisungsbefugt und damit besser in der Lage notwendige Entscheidungen zu treffen und umzusetzen.
Einige der genannten Vorteile eines hauptamtlichen Medizinischen Direktors stellen sich aber in einzelnen Situationen auch als Nachteile dar. So besteht die Gefahr, dass der Medizinische Direktor im Laufe der Zeit durch seine fehlende klinische Tätigkeit den direkten Kontakt zur Patientenversorgung und zum nachgeordneten medizinischen Personal verliert, insbesondere in sehr großen Kliniken. Für viele Krankenhausorganisationen, in denen Ärzte und Pflege seit vielen Jahren daran gewöhnt sind, berufsgruppenbezogen in der Unternehmensleitung repräsentiert zu sein, bedeutet die Etablierung eines übergreifenden Medizinischen Direktors zudem einen erheblichen Kulturwandel.
Die Gesamtsituation des Unternehmens ist entscheidend
Die Frage ab wann ein hauptamtlicher Medizinischer Direktor notwendig ist, ist damit stark abhängig von der Gesamtsituation des Unternehmens. Klar beantwortet hat diese Frage die Universitätsmedizin. Aufgrund der Komplexität, der Größe und der damit notwendigen Ressourcen für übergreifende strategische Arbeit im Bereich Medizin und Pflege, der Notwendigkeit, patientennahe Abläufe und Strukturen schnell zu verändern und zahlreicher repräsentativer Aufgaben, haben inzwischen alle Universitätskliniken sich für hauptamtlich in der Unternehmensleitung tätige Ärzte entschieden. Das gleiche gilt für die Mehrzahl kommunaler Großkrankenhäuser.
Für andere Krankenhäuser sollte die Frage, ob ein hauptamtlicher ärztlicher Manager erforderlich ist, vor allem durch die Bewertung der Komplexität, der Größe und auch der speziellen Phase, in der sich das Unternehmen aktuell befindet, beantwortet werden. So ist komplexeren Gesundheitsunternehmen mit mehreren Standorten, MVZ, ggf. Pflegeeinrichtungen sowie solchen, bei denen aufgrund der Gesamtsituation (z.B. hoher wirtschaftlicher Druck) schnelle Veränderungen in der Organisation von Medizin und Pflege erfolgen müssen, zur Etablierung eines hauptamtlichen Medizinischen Direktors zu raten. Mittelgroße und kleine Gesundheitsunternehmen mit guter Marktposition und Kostenstruktur können dagegen sicher auch mit einem ehrenamtlichen Ärztlichen Direktor erfolgreich sein. Gerade in solchen Unternehmen hat es sich bewährt, einen Alleingeschäftsführer mit medizinischem und betriebswirtschaftlichem Hintergrund und zu etablieren.
Korrespondenzadresse:
Priv.-Doz. Dr. med. Dirk Richter
Medizinischer Direktor, Mitglied des Vorstands
Kommunalunternehmen Klinikum Augsburg
Stenglinstraße 2
D-86156 Augsburg
Dipl.-Kauffrau Elke Bachthaler
Referentin des Medizinischen Direktors
Kommunalunternehmen Klinikum Augsburg
Stenglinstraße 2
D-86156 Augsburg