BM-2011-1-Wambach
Regionale Praxisnetze als alternative Kooperationsform
Veit Wambach*
* Vorsitzender Gesundheitsnetz Qualität und Effizienz QuE eG
Vorsitzender Praxisnetz Nürnberg Nord e.V.
Stv. Vorsitzender des NAV-Virchow-Bund. Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V.
Die gesundheitliche Versorgung der Zukunft wird regional organisiert sein. Eine Kerngruppe der lokalen Versorgungspartner (bestehend aus Haus- und Fachärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und komplementären Dienstleister) übernehmen mit einem professionellen Management Versorgungsverantwortung. Durch eine qualitativ gute und effiziente Behandlung erhöhen sie gemeinsam den Gesundheitsnutzen der Bevölkerung. In Form integrierter Gesundheitsnetze organisieren die beteiligten Leistungserbringer als Behandlungsteam für jeden ihrer Patienten ein individuelles Hilfs- und Versorgungsnetz. Ein hoher Anteil an „sprechender“ Medizin sowie eine umfassende elektronische Vernetzung der Leistungserbringer sind Kernelemente dieser Netzwerke. Davon profitieren die Patienten in vielfältiger Weise. Sie ersparen sich unnötige Krankenhausaufenthalte z. B. durch die Vermeidung unerwünschter Arzneimittelwirkungen und werden schnell und vor allem abgestimmt durch die Netzgemeinschaft versorgt und therapiert. Im Mittelpunkt muss daher das Angebot einer umfassenden, regional adaptierten und nachweisbar hochqualitativen Versorgung über alle Sektoren hinweg stehen. Oder wie es im Gutachten des Sachverständigenrats 2009 ausgedrückt wurde: Eine umfassende koordinierte Versorgung mit regionalem Bezug. Dabei müssen alle drei Zielaspekte des SGB V gleichwertig abgebildet werden: Qualität – Humanität – Wirtschaftlichkeit. Findet nur einer dieser Eckpunkte keine ausreichende Berücksichtigung, wird das System keinen Bestand haben können. Ähnlich einem dreibeinigen Tisch mit schiefer Oberfläche.
Die Kernelemente einer erfolgreichen Vernetzung sind:
* das Zusammenführen einer ausreichenden Zahl niedergelassener Ärzte bei enger Vernetzung mit anderen Leistungsanbietern aus der Region, auch aus dem pflegerischen und sozialen Bereich
* die Etablierung einer ärztlich dominierten Managementgesellschaft
* ein Sektor übergreifendes Versorgungsmanagement, das sich ausdrückt in einer qualitätsgesicherten Optimierung von Behandlungsprozessen
* die Förderung von Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention
* eine morbiditätsorientierte Evaluation zur weiteren Optimierung
* die Übernahme der Budgetverantwortung für eingeschriebene Patienten
* die definierte Aufteilung des Erfolgs zwischen regionalem Versorgungsnetz und Krankenkassen
* eine erfolgs- bzw. qualitätsorientierte Vergütung
Motivation der Ärzte durch ein auf Qualitätsindikatoren basierendes Vergütungssystem
Für 61 Mitgliedspraxen des Gesundheitsnetzes Qualität und Effizienz eG (QuE) ist die Übernahme wirtschaftlicher Verantwortung für eingeschriebene Versicherte (aktuell ca. 9.500) der geeignete Rahmen, um eine integrierte Patientensteuerung über alle Fach- und Sektorengrenzen hinweg zugunsten von mehr Qualität, erhöhter Effizienz und gesteigerter Patientensouveränität zu ermöglichen. Hierfür bedurfte es die Einführung und Umsetzung verschiedener managed care Instrumente auf allen Netzebenen. Die Gestaltung eines auf einem Set von Qualitätsindikatoren basierenden netzspezifischen Vergütungssystems ist beispielsweise ein wesentliches Instrument zur Beeinflussung des Verhaltens und der Motivation von Ärzten. Es trägt dazu bei, den Umfang und die Qualität der zu erbringenden Leistungen zu steuern und entscheidet demzufolge über die Effektivität und Effizienz des Leistungsgeschehens. Aber auch Themen wie „Polypharmakotherapie“, Wissensmanagement, Selbsthilfegruppen oder HomeCare wurden und werden im Gesundheitsnetz er- und bearbeitet und in den Versorgungsalltag implementiert. Der jährlich im Herbst erscheinende QuE-Qualitätsbericht gibt hierzu einen umfassenden Überblick (vgl. www.que-nuernberg.de)
Hebung von Wirtschaftlichkeitspotenzialen auch in Großstädten möglich
Betrachtet man den ökonomischen QuE-Erfolg, ist festzustellen, dass QuE seit 2007 belegen kann, dass es auch in Großstädten möglich ist, weitere Wirtschaftlichkeitspotenziale im Netzverbund zu heben und gleichzeitig die Qualität der medizinischen Versorgung für die Patienten nachweisbar zu verbessern. So realisiert QuE in den Jahren 2007-2009 einerseits einen durchschnittlichen Netzerfolg in Höhe von 11,7 %, d. h., die tatsächlichen Kosten aller eingeschriebenen AOK-IV-Versicherten lagen also durchschnittlich um 11,7 % unter den zu erwartenden Normkosten im RSA – standardisiert auf die Zeit vor dem Beginn der Intervention im Jahr 2006. Andererseits zeigen z.B. die Ergebnisse der bayerischen Datenstelle zum DMP Diabetes mellitus Typ II, dass QuE-Praxen in den letzten Jahren überdurchschnittlich gut abschneiden. Beim Qualitätsindikator QI Blutdruckeinstellung wiesen sie im Vergleich zum bayerischen Durchschnitt beispielsweise um knapp 17 Prozentpunkte bessere Werte auf (2009). Beim HbA1c-Wet lagen die Netzwerte um knapp 14 Prozentpunkte, beim QI Funduskopie um 15 Prozentpunkte über dem Schnitt. Ähnliches gilt für QI aus dem DMP KHK.
Auch die Patienten schätzen die gute Versorgungsqualität im Gesundheitsnetz QuE. Im Juli 2010 wurde die 5. Patientenbefragung durchgeführt, an der sich mehr als 2.200 Patienten beteiligt haben. Im Vergleich zur letzten Patientenbefragung aus dem Jahr 2008 ist die Zufriedenheit mit den QuE-Praxen konstant auf einem sehr hohen Niveau geblieben. 97, 6 % aller antwortenden Patientinnen und Patienten äußerten sich alles in allem als zufrieden, davon der Großteil sogar als sehr zufrieden. 87,5 % der Antwortenden würden ihren QuE-Arzt uneingeschränkt weiterempfehlen, weitere 12,2 % würden das mit Einschränkungen tun.
Korrespondenzadresse
Dr. med. Veit Wambach
Facharzt für Allgemeinmedizin
Qualität und Effizienz eG
Vogelsgarten 1
D-90402 Nürnberg
info(at)drwambach.de
www.que-nuernberg.de