BM-2011-2-Mayser

Reisesouvenirs beim Dermatologen
Peter Mayser

Einleitung
Unter den Reiseerkrankungen, mit denen Betroffene ein Tropeninstitut aufsuchen, stehen Hautveränderungen an dritter Stelle nach Durchfall und Fieber. In einer allgemeinmedizinischen Praxis könnte dieser Anteil noch höher liegen, da einige Erkrankungen wie Stichreaktionen, Lichtdermatosen oder allergische Reaktionen (z.B. gg. Henna-Tattoos) dort bereits behandelt werden. Klassische Geschlechtskrankheiten wie die Lues sind bei „Reiseerkrankungen“ durchaus bedeutsam und sollten in die Differentialdiagnostik von Hautveränderungen einbezogen werden (Abb. 1), sprengen aber den Rahmen des Vortrages. Der Beitrag wird sich auch nicht den Raritäten widmen, sondern dem Grundsatz „Das Häufige ist häufig“ folgen.

Pyodermien
Am häufigsten insbesondere unter dem Einfluss tropischen Klimas sind Pyodermien – hierzu zählen die Impetigo contagiosa (klein-, großblasig), Ostiofollikulitiden mit Übergang in Furunkel und das Ecthyma. Bei letzteren handelt es sich um ausgestanzte, krustös belegte Ulcera mit rötlichem Randsaum. Eine systemische Antibiose ist insbesondere bei ausgedehnten Pyodermien angezeigt, topisch Triclosan-Salbe (nicht bei Streptokokken), Polihexanid-Macrogolsalbe 0,04 % / 0,1 %  NRF 11.137 oder Polyvidon Jod Salbe, bei krustösen Belägen als fett-feucht Behandlung.

Mykosen
An zweiter Stelle stehen Mykosen. Sie können mit erheblichen entzündlichen Veränderungen einhergehen, welche sich subjektiv als Juckreiz, Brennen und Schmerzen darstellen und beträchtlichen Krankheitswert besitzen (Abb.2). Auch können vorbestehende Dermatosen wie insbesondere nässende akute Ekzeme durch eine überlagernde Mykose aggraviert werden. Unter den Erregern sind es insbesondere die zoophilen (meist von warmblütigen Tieren stammenden – z.B. T. verrucosum, T. interdigitale zoophiler Typ, M. canis) Dermatophyten, die stark entzündliche Erkrankungsverläufe verursachen, da der jeweilige Erreger nicht adaptiert ist. Die Erkrankungen gehen meist mit starkem Juckreiz einher. Bei stark entzündlichen Mykosen mit der Ausbildung von Bläschen, Blasen oder Pusteln oder durch eine Mykose überlagerten Ekzemen ist eine topische Kombinationstherapie aus einem Antimykotikum und einem Glukokorticosteroid Mittel der Wahl, da sie zu einer rascheren Reduktion der objektiven und auch subjektiven Beschwerdesymptomatik führt als die antimykotische Monotherapie, jedoch sollte ein klinischer Verdacht hinsichtlich einer Mykose bestehen und / oder diese durch ein mykologisches Direktpräparat (Nativpräparat) gesichert sein.

Tinea capitis
Die Tinea capitis ist die häufigste Dermatophytose bei Kindern (Abb.3). Nach den aktuellen Leitlinien sind immer eine systemische sowie eine adjuvant topische Therapie erforderlich. Die Therapieempfehlungen richten sich auch nach den isolierten Erregern, die unterschiedliche geographische Verbreitungsgebiete aufweisen. Zur Behandlung von Kindern besteht in Deutschland derzeit eine Zulassung lediglich für Griseofulvin. Fluconazol ist für Kinder über einem Jahr zugelassen, sofern eine therapeutische Alternative fehlt. Bei Trichophyton-Arten ist Terbinafin sehr wirksam, während bei M. canis eine Therapie mit Griseofulvin oder Itraconazol indiziert ist. Hefen sind opportunistische Pilze, die eine feuchtwarme Umgebung bevorzugen. Eine Candidose kann eine Intertrigo komplizieren. Meist ist eine topische Therapie ausreichend: Ciclopiroxolamin Creme, Nystatin-haltige Pasten, bei entzündlicher Komponente insbesondere auch Kombipräparate wie Flupredniden + Miconazol.

Pityriasis versicolor, Skabies und Tungiasis

Auch die Pityriasis versicolor (Abb.4) unterliegt Einflüssen des Makroklimas. Die Therapieempfehlungen umfassen Azole als Lösung oder Shampoo. Bemerkenswert scheint ein Tryptophan-abhängiger Stoffwechsel von Malassezia furfur, der die klinische Variabilität der Erkrankung als auch die fehlende Photosensitivität der PV alba erklären könnte. Bei den Ektoparasitosen gewinnt die Skabies an Bedeutung. Zum Milbennachweis kann ein Dermatoskop verwendet werden, jedoch ist auch bei begründetem klinischen Verdacht eine topische Sicherheitsbehandlung mit Permethrin 5 % gemäß der aktuellen Leitlinie (AWMF-Leitlinien-Register Nr. 013/052) empfehlenswert. Während Flöhe Ektoparasiten darstellen, sind Sandflöhe als Erreger der Tungiasis intrakutan-stationär. Befruchtete Weibchen penetrieren das Stratum corneum, oft im Bereich der Zehen bzw. der Nägel, die Eiablage erfolgt nach außen. Eine Entfernung ist mittels Nadel, Kürettage oder Exzision möglich. Komplikationen ergeben sich durch Sekundärinfektionen.

Wanzen und Larva migrans cutanae

Wanzen haben ihre Schlupfwinkel meist in Bettnähe (1-2m). Die Stichreaktion erfordert eine Sensibilisierungsphase, es handelt sich um eine IgE vermittelte Reaktion gegen Nitrophorin, ein NO-freisetzendes Hämprotein. Problematisch ist die „Mitnahme“ im Reisegepäck nach Hause, hier hilft bei der Sanierung meist nur Fachpersonal („Kammerjäger“). Bei der häufig zu beobachtenden Larva migrans cutanea handelt es sich um Larven von tierischen Nematoden, die die Haut penetrieren und bizarre Läsionen verursachen. Der Mensch ist ein Fehlwirt. Eine Spontanheilung erfolgt nach max. 1 Jahr. Je schneller sich die Larve bewegt, umso eher ist die Heilung zu erwarten (Aufzehren „mitgebrachter“ Energiereserven). Topische Therapie: 10 % Thiabendazol-Salbe oder Kryotherapie (2 cm vor Gangende in unveränderter Haut), systemisch Albendazol cave: Preis! oder Ivermectin einmalig.

Kutane Leishmaniose

Bei der kutanen Leishmaniose ist eine Differenzierung nach den Erregern (alte Welt / neue Welt) für die Prognose und das therapeutische Vorgehen wichtig. Histologisch finden sich Donovan-Körperchen in den Makrophagen, ferner ist eine PCR aus dem Gewebe möglich. Die Vektoren (Sandmücken) sind dämmerungsaktiv, haben nur eine geringe Flughöhe (~2 m) und -weite (500 – 100 m) und zeigen eine terrestrische Entwicklung (Mauern, Felsspalten). Therapierichtlinien: Abwartende Haltung bei solitären Läsionen von Alte Welt-Formen; oft Spontanheilung („Jahresbeule“) – bleibende Immunität (meist nur gg. jeweiligen Erreger); Frühtherapie: Multiple Läsionen sowie in kosmetisch  kritischen Arealen; Bei L. brasiliensis immer systemische Therapie (Verhindern mukokutaner Formen); Topisch: Paramomycin; Photodynamische Therapie; Infiltration mit Antimon-Präparaten; Kryo / Exzision obsolet, da keine Immunantwort; Systemisch: Itraconazol, Antimon-Präparate, Amphotericin B; Miltefosin.

Dasselfliege

Bei der Myasis durch Dermatobia hominis (Dasselfliege) heftet diese Eier im Flug an Moskitos, über deren Stich werden sie übertragen und führen zu furunkuloiden Läsionen; Die Larve ist in der Haut erkennbar, Entfernung mittels Pinzeltte, Exzision oder durch Auflage von Speck. Die Erkrankung heilt nach Austritt der Larve auch spontan.

Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. Peter Mayser
Klinik für Dermatologie, Venerologie and Allergologie
Univ.-Klinikum Gießen-Marburg
Gaffykstrasse 14
D-35385 Gießen
Peter.Mayser(at)derma.med.uni-giessen.de

Literatur:
Braun R, Burchard GD, Fröhlich E, Nothdurft HD (Hrsg.): Reise- und Tropenmedizin, Schattauer 2005.
Niebauer G, Bardach HG: Urlaubsdermatosen. Thieme 1982.
Schaller KF: Colour Atlas of tropical Dermatology and Venerology, Springer1994.