Interview mit Dr. Wolfgang Redka-Swoboda
INTERVIEW MIT DR. MED. WOLFGANG REDKA-SWOBODA, CHIRURG/ MEDICAL DIRECTOR TEOXANE GERMANY
Filler weiter im Aufwärtstrend
Herr Dr. Redka-Swoboda, trotz Wirtschaftskrisen hat in den letzten Jahren die Nachfrage in der Ästhetik nach minimalinvasiven, nicht operativen Methoden (wie vor allem Hyaluronsäure Injektionen) starkzugenommen. Wie erklären Sie sich das?
In der Tat stieg, laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) aus dem Jahr 2008, die Zahl der nicht-chirurgischen Eingriffe von 1997 bis 2007 in den USA auf das Achteinhalbfache an, während chirurgische Operationen sich nur etwas mehr als verdoppelt haben und im Grunde schon seit 2004 stagnieren. Für Deutschland liegen aktuell keine validen Daten vor, allerdings dürfte die Entwicklung der in den USA entsprechen. Hyaluronsäure-Injektionen stellen dabei einen nicht unerheblichen Anteil dieser Behandlungen dar. Gründe dafür könnten sein: geringere Behandlungskosten, minimaler Zeitaufwand, ein vermeintlich geringeres Behandlungsrisiko für Arzt und Patient sowie der Wunsch der Patienten möglichst keine Ausfallzeiten sog. „Down-Times“ in Kauf nehmen zu müssen. Außerdem dürfte der soziokulturelle Wandel der modernen Gesellschaft ebenfalls eine große Rolle spielen. Erfolgreich und belastbar gilt derjenige, dessen Gesicht entspannt wirkt und dessen Gesicht eine gewisse Harmonie ausstrahlt. Bei der Vergabe einer vakanten Position, wird bei gleicher Qualifi-kation der Bewerber mit der ästhetisch besseren Ausstrahlung siegen.
Die auf dem Weltmarkt erhältlichen Hyaluronsäure-Filler sind auf ein kaum überschaubares Angebot angestiegen. Schnell verdientes Geld scheint mittlerweile auch die Ärzte zu reizen. Erfreuen sich Schnäppchenangebote nicht nur beim Patienten zunehmender Beliebtheit?
Natürlich sind auch Ärzte zunehmend wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt. Die Industrie versucht daher ihre Produkte immer wieder mit Rabattaktionen an den Mann zu bringen. Dagegen ist prinzipiell auch nichts auszusetzen, wenn dies nicht dazu führen würde, dass dadurch manche Behandler unterschiedliche Produkte verschiedener Hersteller verwenden. Häufig werden innerhalb von kurzen Zeiträumen verschiedene Produkte bei demselben Patienten an-gewendet. Selten wird dabei beachtet, dass Hyaluronsäurepräparate verschiedener Hersteller unterschiedliche Rezepturen haben. Dies kann zu unvorhersehbaren Wechselwirkungen chemischer Art und unerwarteten Komplikationen führen. Außerdem sind zunehmend Mitbewer-ber aus Ländern auf dem Markt, bei denen aufgrund fehlender oder mangelhafter Kontrollen die Produktqualität nicht gewährleistet ist. Auch hier gilt es sorgfältig darauf zu achten, wo wird ein Produkt hergestellt, woher werden die Rohmaterialien bezogen etc.
Man hört immer wieder, dass Patienten ihr eigenes Material mit in die Praxis bringen. Welche Risiken sind damit verbunden?
Das geht gar nicht. Der Arzt hat ja keine Kenntnis darüber, was seit dem Kauf des Produktes geschehen ist. Für denjenigen, der sich auf einen solchen „deal“ einlässt, bedeutet dies, dass die Produkthaftung auf ihn übergeht. Neben möglichen unkalkulierbaren Risiken für den Patienten, kann das auch forensische Folgen für den Arzt haben.
Wie wichtig sind für den behandelnden Arzt psychologischeb/medizinische Kenntnisse über seinen vor sich sitzenden Patienten? (z.B. Depression o.ä.)
Auch wenn immer wieder gegenteilige Äußerungen bezüglich Ästhetikbehandlungenkursieren, es handelt sich um einen ärztlichen Eingriff! Es gehört daher zum Selbstverständnis des Heilberufes, sich vor jedweder Behandlung ein genaues Bild von dem Patienten zu verschaffen und dazu gehört eine sorgfältige Anamnese. Dies auf psychische Auffälligkeiten zu reduzieren wird gerne im Bereich der Ästhetik-Behandlungen versucht, um zu polarisieren. Kurze Antwort dazu: aucheine Person, die an einer Depression erkrankt ist, hat ein Recht darauf sich einer Ästhetik-Behandlung zu unterziehen, wenn der Behandler sich vorher ein genaues Bild von seinem Gegenüber gemacht hat.
Wie finden Sie die mittlerweile gängigen Beauty-Pässe?
Filler sind Implantate! Wenngleich die meisten resorbierbar sind. Bei der Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Produkte sollten Beautypässe gesetzlich zur Pflicht gemacht werden. Bis dahin sollten die Behandler ihren Patienten/Kunden, die von der Industrie bereitgestellten Beautypässe selbstverständlich nach der Behandlung aushändigen. Sollten doch einmal Nebenwirkungen auftreten, wie sind diese schnell wieder in den Griff zu bekommen? Als erstes sollte schnellstmöglich der Behandler aufgesucht oder informiert werden. Da ernste Nebenwirkungen oder Komplikationen sehr selten sind, reichen oft symptomatische Behandlungen aus, um eine Nebenwirkung abzumildern. Ob eine ernstzunehmende Komplikation vorliegt, kann der Behandler in aller Regel am besten beurteilen, denn nur er weiß, wie viel von welchem Produkt, wo und wie injiziert wurde. Sollten die ergriffenen Maßnahmen nicht hilfreich sein, kann der Patient an einen Kollegen, wie mich, der sich auf die Behandlung von Fillerkompli-kationen spezialisiert hat, überwiesen werden.
Kaum ein Bereich in der Ästhetik wird von so vielen verschiedenen Fachrichtungen betreten und so einfach dargestellt, wie die Behandlung des alternden Gesichtes. Welche Risiken gehen dabei vom Behandler selbst aus?
Leider gibt es auch keinen Bereich in der Medizin, wo sich Kollegen sämtlicher Fachrichtungen gleichermaßen kompetent fühlen. Dabei wird das Risiko, welches vom Behandler ausgeht am meisten unterschätzt. Die Verabreichung von Injektione im intra- und subkutanen Bereich von relativ geringen Mengen wird i.d.R. als simple, medizinische Handlung empfunden. Von der Industrie wird meist die einfache Vorgehensweise bestärkt und mit der „Leichtigkeit des Tuns“ der Eindruck erweckt, ohne Risiko „schnelles Geld“ zu verdienen. Zum Selbstverständnis des Arztes jedweder Fachrichtung gehört es, in Anatomie ausgebildet zu sein und diese bei Bedarf quasi subkortikal immer abrufen zu können. Es wird allerdings meist der Zeitfaktor verdrängt, durch den besonders das räumliche Gefühl für die anatomischen Besonderheiten verloren geht, es sei denn man ist aufgrund einer operativen Tätigkeit täglich damit konfrontiert. Ein weiteres Selbstverständnis des Arztes ist es, Hygieneregeln nicht nur zu kennen, sondern im eigenen Tun hier keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen. Trotz alledem gibt es wohl keinen Bereich der in-vasiven Medizin, in dem Hygieneregeln dermaßen mit den Füßen getreten wer-den, wie bei der Behandlung des Gesichtes mit injizierbaren Füllmaterialien. Live-Demonstrationen auf zahlreichen Kongressen bestätigen diesen Eindruck und dienen somit beispielhaft der Verbreitung. Zusammenfassend gehen vom Behandler folgende Risiken aus:
•unzureichende Anatomiekenntnisse bzw. Kenntnisse der anatomischen Variationen
•falsche Indikationsstellung
•falsche Materialauswahl / mangelnde Produktkenntnisse
•Hygienemängel
•falsche Injektionstechnik •Overtreatment ‚
•Selbstüberschätzung
Sehr geehrter Herr Dr. Redka-Swoboda, wir danken Ihnen für das Gespräch!