KM-2013-2-Editorial
Wir brauchen eine kritische Sicht
Es gibt in der Medizin, wie in anderen Wissensgebieten, eine in sich inhomogene Dynamik des Erkenntnisgewinns, was zur kritischen Sicht auf scheinbar Bekanntes anregt. In der Ästhetischen Medizin betrifft dies in besonderer Weise unser Verständnis der Wechselwirkung von Binde- und Fettgewebe. Dabei sind es diese zwei Komponenten unseres Körpers, die die Ausstrahlung und ästhetische Dimension in herausragender Weise beeinflussen.
In unserer Reihe der Kontroversen in der ästhetischen Medizin widmet sich Ilja Kruglikov der Cellulite. Er stellt die Konzepte in Frage und entwirft ein neues Bild dieses femininen Phänotyps aus Fettgewebehypertrophie und Fibrosierung. Hieraus leitet er die verschiedenen Erscheinungsformen der Cellulite und die resultierenden Behandlungsoptionen ab. Zur Anatomie und Klassifikation der Lipodysmorphien des Oberarmes stellen Matthias Sandhofer, Patrick Schauer und Friedrich Anderhuber anatomische Studien mit faszinierenden Bildern der Fettkompartimentierung dar, die direkte Auswirkungen auf die Planung ästhetischer Eingriffe am Oberarm haben. Der ästhetische Oberarm lebt aber auch von einer intakten Muskularität. Dies ist unbedingt bei der optimalen Behandlung in das Therapiekonzept einzubeziehen. Studien zur laser-assistierten Liposuktion des Armes konnten zeigen, dass durch die Beeinflussung der Bindegewebssepten und -faszien ein ästhetisch verbessertes Ergebnis im Vergleich zur alleinigen Liposuktion erzielt werden können [1]. Besonders schwierig erscheint die Situation bei bariatrischer Atrophie mit erheblichem Sagging der Oberarme. Physikalische Verfahren haben einen festen Platz in der Medizin. Wir konnten kürzlich einen Review zur Relevanz dieser Behandlungsmethoden in der Wundtherapie publizieren [2].
Nun stellen Klaus Fritz und George-Sorin Tiplica die fokussierte Kältetherapie in der Behandlung mimischer Falten des oberen Gesichtsdrittels vor. Das Verfahren löst eine temporäre Axonotmesis aus, die unmittelbar nach Anwendung wirksam wird und bis zu 16 Wochen zur Glättung hyperkinetischer Falten führen kann.
Schon in der Vergangenheit haben wir in der KOSMETISCHEN MEDIZIN wiederholt auf die Bedeutung der Ingenieurwissenschaften für den technischen Fortschritt in der Ästhetischen Medizin hingewiesen. Beispielhaft sei der kürzlich erschienen Beitrag aus der Arbeitsgruppe von Professor Reimund Neugebauer vom Fraunhofer Institut in Chemnitz. Ninian Pechkitt von der Massey Universität, Neuseeland, stellt das Konzept der Engineering Assisted SurgeryTM vor. Demonstriert werden eindrucksvolle Einsatzmöglichkeiten in der Oral- und Kieferchirurgie.
Ich wünsche Ihnen viele Anregungen bei der Lektüre der aktuellen Ausgabe von Kosmetische Medizin / Cosmetic Medicine,
Ihr
Uwe Wollina, Dresden
1. Goldman A, Wollina U, de Mundstock EC (2011) Evaluation of tissue tightening by the subdermal Nd:YAG laser-assisted liposuction versus liposuction alone. J Cutan Aesthet Surg 4:122-128.
2. Wollina U, Heinig B, Kloth L (2012) The use of biophysical technologies in chronic wound management – a critical review. In: Measurements in Wound Healing: Science and Management. Eds. Mani R, Romanelli M, Shukla V. Springer Berlin – New York: 2012: pp. 313-354.
3. Neugebauer R, Rotsch C (2012) Trends and developments in the area of material sciences and manufacturing technologies for medical supportive structures. Kosmet Med.33:4-8.